Zusammenfassung der Re-Check | Follow The Money Recherche
Catherine Riva, Serena Tinari – Re-Check.ch | Jannes van Roermund
November – Dezember, 2021
In English (online) / En français (en ligne)
In Zusammenarbeit mit dem niederländischen Enthüllungsjournalisten Jannes van Roermund, hat Re-Check eine dreiteilige Serie über das #FunctionCreep-Potenzial der Covid-19-Impfpässe (auch «grüner Pass», «Gesundheitspass», «Covid-Pass», «Covid-Zertifikate» genannt) veröffentlicht.
Ab September 2021 wird der Gültigkeitsbereich des Covid-Zertifikats in den meisten Ländern sukzessive erweitert. Der QR-Code Covid-19 ist heute nicht mehr nur eine «moderne, einfache und sichere Lösung», die, wie uns vor einigen Monaten gesagt wurde, «die Welt wieder öffnen und den Menschen die Möglichkeit geben sollte, wieder zu reisen»: Er ist zu einer unverzichtbaren Voraussetzung geworden, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich Covid-19-Zertifikate verbreitet haben, des Problems, das sie für den Datenschutz darstellen, und des Stellenwerts, den sie in unserer Gesellschaft mittlerweile eingenommen haben, ist die Frage berechtigt: Wann werden die Behörden aufhören, uns dieses System aufzuzwingen? Die Geschichte der Technologie lehrt uns, dass die Antwort darauf lauten könnte: vielleicht nie. Denn wenn eine solche «vorübergehende» Lösung eingeführt wird, besteht die Gefahr, dass sie dauerhaft wird und schliesslich für einen anderen Zweck als den ursprünglich geplanten verwendet wird. Man spricht dann von einem «function creep» (Zweckentfremdung oder Funktionsentfremdung).
Bert-Jaap Koops von der Universität Tilburg in den Niederlanden erklärt: «Was den ‘function creep’ von einer Innovation unterscheidet, ist, dass er eine qualitative Veränderung der Funktionalität beinhaltet, die Bedenken hervorruft. Nicht nur wegen der Veränderung selbst, sondern auch, weil diese Veränderung nicht ausreichend als transformativ anerkannt wird und daher einer Diskussion bedürfen würde.» Im Fall des Covid-19-Zertifikats deutet alles darauf hin, dass die Gefahr eines «function creep» besonders gross ist. Denn eine der denkbaren Zweckentfremdungen des Zertifikats deckt sich genau mit der Agenda mächtiger Interessengruppen. Bereits seit 2020 versuchen private und staatliche Akteure, die Implementierung des Covid-19-Zertifikats als Wegbereiter für ein umfassenderes und universelleres System zu präsentieren: ein Wallet für digitale Identitäten (e-ID, auch elektronische Identität genannt).
Unsere Recherchen haben gezeigt, dass ein Gewirr von staatlichen und nichtstaatlichen Stellen die Krise tatsächlich ausnutzt. «Digitale Identitätssysteme sind auf dem Vormarsch», bestätigen Tommy Cooke vom Surveillance Studies Centre an der kanadischen Queen’s University und Benjamin J. Muller, ausserordentlicher Professor am Fachbereich für Politikwissenschaften am King’s University College der University of Western Ontario. Sie betonen, dass diese Risiken über Cybersicherheit, verantwortungsvolle Unternehmensführung und organisatorische Verantwortung hinausgehen: «Wir möchten jeden ermutigen, sich die grosse, aber wichtige Frage zu stellen: Was bedeutet es, die Identität zu digitalisieren, und was ist die Musteridentität? Mit anderen Worten: Wer ist der Modellbürger eines digitalen Identifikationssystems, und wie wird sein Bürgerprofil dazu verwendet, die Datenkategorien und Datenbanken zu erstellen, die für die Verifizierung erforderlich sind?»
Erste Folge: «Function creep» und Transparenz «à la carte»
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In dieser ersten Folge erfahren Sie, was «function creep» bedeutet. Ausserdem enthält sie eine Exklusivität über die Schweiz. Re-Check wurde ein Leak zugespielt, die Aufzeichnung eines Zoom-Meetings zwischen Regierungsvertretern und Akteuren, die an der Einführung des Schweizer COVID-Zertifikats beteiligt sind. Unsere Recherchen und der Austausch, den wir mit dem Schweizer Bundesamt für Gesundheit hatten und hiermit veröffentlichen, zeigen, dass sensible Daten gespeichert werden, was der Öffentlichkeit nicht transparent mitgeteilt wurde.
Die Einführung von Covid-19-Zertifikaten wird von einer Reihe kommerzieller und staatlicher Stellen begrüsst, die seit Jahren an der Einführung von e-ID-Systemen arbeiten. Die digitale Identität (e-ID oder elektronische Identität) ist eine digitale Lösung, die es Bürgern ermöglicht, ihre Identität zu beweisen. Sie besteht darin, dass eine eindeutige Kennung mit einer Reihe von digital gespeicherten Attributen (Name, Geburtsdatum, Geschlecht) verknüpft wird, die wiederum mit Identitätsnachweisen gekoppelt sind. Viele medizinische und damit vertrauliche Daten von Schweizer Einwohnern, denen ein Covid-19-Zertifikat ausgestellt wurde, werden bei der Einrichtung gespeichert, die den Test oder den Impfstoff durchgeführt hat, zusammen mit dem UVCI, einer eindeutigen Kennung für jedes Covid-19-Zertifikat.
Zweite Folge: Was die Covid-Krise mit e-ID zu tun hat
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Um die detaillierte Karte («Covid-19 certificates and e-Id: Investigating and Mapping Ghost-Management at Work») zu sehen, bitte hier klicken
In dieser zweiten Folge erfahren Sie mehr über gewisse Akteure, die daran arbeiten, dass E-ID-Systeme weltweit eingeführt werden. Um die detaillierte Karte («Covid-19 certificates and e-Id: Investigating and Mapping Ghost-Management at Work») zu sehen, klicken Sie bitte hier.
Die COVID-Krise beschleunigt die Entwicklung und Implementierung von e-ID-Systemen, die seit einigen Jahren von einer Reihe kommerzieller und staatlicher Stellen entwickelt werden. Diese Folge kommt mit einer grafischen Darstellung (klicken Sie bitte hier). Sie fasst viele verschiedene Akteure zusammen, die etwas mit dieser historischen, aber potenziell besorgniserregenden Entwicklung zu tun haben. Die Öffentlichkeit verdient es, über diese Entwicklungen informiert zu werden.
Dritte Folge: Die e-ID und die Kryptowährungen der Zentralbanken
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In dieser dritten Folge erfahren Sie mehr über das Aufkommen von Kryptowährungen, die von Zentralbanken ausgegeben werden, auch bekannt als «central bank digital currency» (CBDC), und was dies mit e-ID und Covid-19-Zertifikaten zu tun hat.
Wie so oft, ist eine internationale Krise dabei historische und bahnbrechende Entwicklungen zu beschleunigen. Das Aufkommen der digitalen Währungen wird derzeit von verschiedenen öffentlichen und kommerziellen Akteuren vorangetrieben. In Verbindung mit e-ID und Covid-19 Zertifikate könnten solche Entwicklungen unsere Gesellschaft nachhaltig verändern. Eine breite öffentliche Debatte wird schmerzlich vermisst.
Analysis
«Wetenschappers waarschuwen voor een nieuwe digitale identiteit» (Wissenschaftler warnen vor einer digitalen Identität)
Jannes van Roermund – Follow The Money | Catherine Riva, Serena Tinari – Re-Check.ch
Dezember, 2021
Der niederländische Enthüllungsjournalist Jannes van Roermund hat zusammen mit Re-Check den «Long Read» «Wetenschappers waarschuwen voor een nieuwe digitale identiteit» (Wissenschaftler warnen vor einer digitalen Identität) auf Follow The Money (FTM)(*) veröffentlicht. Der Artikel wurde auf Englisch übersetzt (hier).
Die Einführung einer E-ID ist durch die Corona-Krise ein grosses Stück näher gerückt. Er mag zwar praktisch sein, aber die Technologie, die dahintersteckt, sammelt auch persönliche Daten, die niemals gelöscht werden können.
(*) FTM ist ein niederländisches investigatives, mehrfach preisgekröntes Medium, das sich der Verfolgung der Geldströme und der Verteidigung der Demokratie verschrieben hat. (Mehr)
Auf «Follow The Money»: Wetenschappers waarschuwen voor een nieuwe digitale identiteit / Scientists caution against new digital identity
Um den ganzen Artikel zu lesen, bitte hier (Niederländisch) oder hier (Englisch) klicken
Grosse Technologieunternehmen und Regierungen fördern die Einführung einer digitalen Identität für jedermann. Die Corona-Krise gibt ihnen Auftrieb. Experten warnen vor den Folgen: «Dies ist das Ende der Freiheit.»
- Die Lobby für einen Corona-Pass und eine «QR-Gesellschaft» wird von der Industrie für E-ID angeführt und trägt Früchte: Die Europäische Kommission erwartet, dass der Corona-Pass zum «perfekten digitalen Wallet» ausgebaut wird.
- Brüssel arbeitet an einem ID-System, die auf der Blockchain basiert. Diese Technologie wird auch von der Lobby der Grossunternehmen gefördert.
- Da Informationen auf der Blockchain nicht gelöscht werden können, befürchten Experten, dass so ein dauerhaftes Protokoll der Bewegungen, Handlungen und Transaktionen aller Bürger erstellt wird. Sie bezeichnen eine auf Blockchain basierende digitale Identität als «mehr als dystopisch». Doch sowohl Den Haag als auch Brüssel befürworten dieses Modell, weil es dafür sorgen würde, dass die Bürger wieder «Herr ihrer eigenen Daten» werden.
- Die Niederlande nehmen eine Vorreiterrolle ein und werden als erstes europäisches Land den Prototyp einer E-ID testen.
Analysis
Update: In der Schweiz und in der Europäischen Union verstetigen die Behörden hinter den Kulissen umstrittene Instrumente
Catherine Riva, Serena Tinari – Re-Check.ch
Februar 2022
Der Bundesrat kündigte am 2. Februar 2022 an, dass der Gebrauch des COVID-Zertifikats in der Schweiz am 17. Februar widerrufen werden könnte. Der Vorschlag befindet sich derzeit in der Vernehmlassung bei den Kantonen. Von hier aus ist es nur ein kleiner Schritt zur Schlussfolgerung, dass die Tage dieses Instruments gezählt sind. In Wirklichkeit deutet aber alles darauf hin, dass die Behörden beabsichtigen, die Entwicklung des Systems und der ebenfalls sehr umstrittenen Tracking-App SwissCovid fortzusetzen.
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